Von Lieblingsitalienern und Apothekern
Ja ich weiß, hier ist gerade nicht viel los. Mein Bedürfnis, mich mitzuteilen hat in den letzten Wochen durchaus gelitten. Das soll aber nichts heißen: ich bin zuweilen sehr vergnügt hinter den Kulissen und freue mich über die Tage die kommen. Manchmal tut etwas Abstand ja auch mal ganz gut. Und außerdem: Ich erlebe im Moment zu wenig, über das sich zu berichten lohnte.
Gestern zum Beispiel waren zwei liebe Freunde bei mir im Studio und wir alberten, tratschten und fotografierten mit riesigen Blitzschirmen. Es war herrlich laut. Hinterher gingen wir noch zum Italiener. „Il Sole“ heißt der Laden – ist bei mir um die Ecke. Wir sagen immer, das ist „unser Lieblingsitaliener“, was natürlich Quatsch ist – es gibt nur keinen anderen Italiener hier. Der Chef (ich kenne seinen Namen nicht mal – er hat immer so herrlich wirr-gegelte Haare) – tut immer so, als würde er uns schon lange kennen, was nicht stimmt. Ich kenne die Burschen – die können nur sehr gut so tun, als würden sie einen schon lange kennen. Einen Schnaps gibt es bei ihm hinterher trotzdem nicht. Das „Il Sole“ hat keine Menükarte, sondern eine Tafel wo mit Kreide draufsteht was es gibt. Ich finde das per se schon mal gut. Es gibt einem das Gefühl, dass die Gerichte wechseln. Mein Begleiter bestellt oft einfach „nur so“ Brot nach, damit er der Kellnerin auf den Hintern schauen kann, wenn sie wieder geht. Ich schaue dann auch ab und zu mal mit drauf. Aber gestern war sie nicht da. Hatte wohl frei. Egal…
Heute morgen war ich dann in der Dorf-Apotheke. So Zeug holen. Also nichts wildes… Jedenfalls steht da plötzlich so ein junger Bursche hinter dem Tresen und ich denke „Holla, jetzt kommt hier aber frischer Wind rein!“ Nicht falsch verstehen: die Dorfapothekerin ist supernett, aber dermaßen laaaangsaaaaam… Halleluja… ich habe noch nie so einen langsamen Menschen gesehen. Wenn man ihr was sagt, dann schaut sie einen erst mal ne Weile an, bevor sie irgendwie reagiert, so als müsse sie alle Informationen erstmal im Kopf zusammen schreiben. Ich habe Schweizer gesehen, die sind gegen sie ein Düsenjet. Naja, jedenfalls steht da dieser plötzlich junge Bursche und ich denke: „Holla, jetzt kommt hier aber frischer Wind rein!“ (hatte ich schon mal gesagt, ich weiß). Und wisst ihr was? Er ist mit Sicherheit ihr 30 Jahre später geborener Zwillingsbruder, HundertPro! Mann, Mann, Mann – ich weiß, ich bin immer zu ungeduldig – selbst am Morgen – aber „Heindaddel“ hinter dem Tresen ist 1:1 ihr Bewegungs-Double. „Einmal Hustensaft bitte“ höre ich mich sagen und falle beim Zuschauen seiner Reaktion in einen gefühlt-dreißigminütigen REM-Schlaf… Lernen die sowas während ihrer Apothekerausbildung? Ich meine, der wird ja auch noch älter!?? Wie bewegt er sich denn, wenn er so alt ist, wie seine Chefin? Ich will nicht drüber nachdenken.
So, und nun fragt ihr, was diese beiden Story miteinander zu tun haben. Nichts! Seht ihr? Die Story hat keine Pointe. Und das ist mein Dilemma gerade. Oder eures. Ich sag ja: Ich erlebe im Moment zu wenig, über das sich zu berichten lohnte.
Ein wundervolles Wochenende trotzdem
Euer Stilpirat