Theo Waigel
War er der Erfinder des Politiker Signatures? „…ach der mit den Augenbrauen“ …war mithin der erste Satz, den ich immer wieder zu ihm hörte. Als Kind der 80er Jahre kam man im Fernsehen an diesen riesigen Augenbüscheln nicht vorbei. Irgendwie stand er im Fernsehen immer neben Helmut Kohl, erinnere ich mich. Und: er war der Namensgeber des EURO. Und nun stehe ich vor ihm, in seinem Haus und soll Porträts für das „75 Jahre CSU“-Magazin machen.
Theo Waigel ist mit seinen 80 Jahren wundervoll unprätentiös und spricht immer noch gern über Politik. „Angenehm“ und „gesellig“ sind die beiden Adjektive, die mir nach den nächsten 2 Stunden in Erinnerung bleiben. Er spricht herrlich ehrlich und man merkt, dass er kein Amt mehr inne hat, dass ihn hier zur Vorsicht mahnt.
Meine fotografische Aufgabe: Waigels Mimik und Gesten als Antwort auf verschiedene Fragen sammeln, die der Redakteur neben mir stellt. Wir tragen Maske und halten genug Abstand, alles bei offenem Fenster, so die Bedingungen. Gut so, macht aber alles nicht einfacher.
Theo Waigel ist ein „Vor-der-Kamera-Vollprofi“ und bei dieser Idee mitzumachen, macht ihm sichtlich Spaß. Nach 30 Minuten sind wir soweit durch, packen unser Equipment und erkundigen uns nach einer Gastwirtschaft – „wenn wir schon mal hier sind, in den Bergen…“. „Ach wissen sie, ich habe eine Idee…“
20 Minuten später sitzen wir mit Theo Waigel auf einer Alm, essen Reibekuchen und er erzählt ganz beiläufig von den großen Momenten seiner politischen Karriere. Wie er damals am Tag der Wiedervereinigung auf der Tribüne neben Helmut Kohl und Willy Brandt auf der Tribüne vor dem Brandenburger Tor stand und Tränen in Willy´s Augen ausmachte. Er erzählt aber auch wie er ein Jahr vorher, am Tag der Maueröffnung nur ein paar Straßen weiter ausgebuht uns ausgepfiffen wurde, „…sowas musst man aushalten als Politiker.“
Ob er froh sei, in dieser schwierigen Zeit keine Entscheidungen treffen zu müssen oder ob es ihn nicht irgendwie auch jucken würde, will ich wissen. „Ach wissen Sie: Damals nach dem Krieg, das waren schwierige Zeiten. Als die Väter ohne Gliedmaßen aus dem Krieg wieder nach Hause kamen und das Land komplett am Boden lag. Keiner wusste damals, wie es weiter geht. Ich habe einen Heidenrespekt vor der Aufgabe, die die Politik damals zu meistern hatte. Heute müssen wir beim Einkaufen eine Maske tragen und Kontakte reduzieren, um die Krise zu meistern… und uns mit ein paar Unvernünftigen auseinandersetzen…“
Ich hätte niemals gedacht, dass ich mich so gern an diese 2 Stunden erinnern würde.