10
Aug.
2010
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Im Chat mit… Farbwolke

Es gibt hier in Deutschland ne ganze Reihe Blogger, die sich mit Fotografie beschäftigen und mit vielen hab ich mittlerweile ein echt knorkes Verhältnis. Man schreibt sich immer mal und hin- und wieder wird auch gechattet. Heute hebe ich mal ein bisschen die Decke und lass Euch ein wenig in meine Chats reinschnüffeln… ich hab da sowas im Kopf, daß ich dass jetzt öfter mal mache…

Heute fange ich mal mit Martin Neuhof an…

Vielen Fotobloglesern ist Martin Neuhof von Farbwolke kein Unbekannter. Martin macht super Fotos, ist aber auch als Grafikidesigner ne Wucht! In seinem Blog Farbwolke schreibt er über Design, Fotografie und Web. Als sein Arbeitgeber Anfang des Jahres pleite ging, hätte ich schwören können, dass er innerhalb einer Woche was Neues findet. Aber offenbar ist das in seiner Heimatstadt Leipzig gar nicht so einfach… Wir haben ein bisschen über seine Zukunft gequatscht…

Moinsen Martin, wie gehts?
Relativ. Baulärm über mir & die Allergie schlägt gerade zu. August scheint nicht mein Monat zu sein.
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Naja – wenigstens nicht so heiss! Was treibst Du im Augenblick – also so den ganzen Tag?
Derzeit probiere ich meine fotografischen Fähgikeiten auszubauen und shoote in der Woche 2-3 mal. Mein letzter Arbeitgeber musste leider Konkurs anmelden und deswegen bin ich leider arbeitslos. Nun nutze ich die Zeit um mehr auf www.farbwolke.de zu veröffentlich und allgemein „kreativ“ zu sein.
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„Arbeitslos“ kann ich mir bei Leuten mit Deinem Potential eigentlich nicht vorstellen… Du müsstest doch weg gehen wie „warme Semmeln“. Woran liegts?
Mein Problem liegt glaub ich daran das ich eben kreativ bin aber mir die Programmierung nicht liegt. In Leipzig werden derzeit viele Webdesigner mit PHP Fähigkeiten gesucht. Leider bin ich in dem Gebiet zu wenig bewandert. Überlege deswegen auch eine Weiterbildung zum „Medienfachwirt“. Die würde aber erst im Januar losgehen. Außerdem strebe ich ein Studium an der HGB Leipzig an. Aber dies ist dann eher nur ein ferner Traum.
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Ich halt ja nix von „Titeln“… Malst Du Dir als Medienfachwirt bessere Chancen aus… oder willst Du Zeit gewinnen?
Ich hab das Gefühl ich wäre nicht „fertig“. Klar mein Leben ist ein stetiger Lernprozess. Aber ich bin Wissensdurstig. Da ich kein Abitur hab, ergibt sich nach der Medienfachwirt Ausbildung die Chance auf ein Studium. Was ich mir ehrlich gesagt schon sehr wünsche. Sollte ich irgendwann eine eigene kleine Firma haben, könnte ich durch die Medienfachwirt Ausbildung auch selbst Leute ausbilden. Also eine simple Alternative.
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Ja, ok, macht Sinn! Und nur Richtung Fotografie schwenken wäre Dir zuwenig?
Ich kann mich schwer entscheiden was ich interessanter finde. Die Fotos an sich zu schießen macht definitiv Spaß. Aber das erzielte Material weiter zu bearbeiten um dann ein gutes Foto zu erstellen ist mindestens genauso reizvoll. Schöne Portfolios für andere Fotografen zu erstellen macht auch Spaß. Weil man so sein „Baby“ wachsen sieht. Ein Foto ist oft ein kleiner Moment den man schnell wieder weglegen kann. Eine Webseite / Katalog hat oft mehr Bestand als ein Foto.
Ein Foto ist aber immer noch da, wenn die Website oder der Katalog wieder ausgetauscht werden…
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Wenn ich sehe, was teilweise so an unterirdischen „Fotografen“ unterwegs ist… macht es mich für jedes sinnlose Foto wütend. … bei Dir hingegen …
…das Problem ist doch was hat die höhere Wertigkeit? Dein eigenes Hochzeitsfoto oder die Hochzeitseinladung? Für die frisch verheirateten definitiv das Hochzeitsfoto aber für die Gäste die Einladung als Erinnerungsstück. Eine Webseite wird mit Fotos und Texten gefüttert aber das Grundgerüst hat man selbst gestaltet. Ich glaub es ist wichtig welchen Blickwinkel man eingeht. Ein Foto kann definitiv auch mehr verzaubern als ein schnöder Katalog. Aber die Fotos würden ohne den Katalog gar nicht existieren. Die Frage ist doch auch, würde ich fotografieren wenn ich keine Projektionsfläche im Web hätte? Würde ich mich weiterentwickeln können ohne die ganzen Kommentare und die Inspiration die im Web so rumschwirrt?
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interessanter Gedanke! Ich glaub die Zeit sich als Fotograf zu entwickeln würde ungleich länger dauern… wie siehst Du Dich denn selbst in 15 Jahren?
Ich bin da relativ Bodenständig. In 15 Jahren möchte ich diverse Länder bereist haben. Gerade Indien zum Holi Fest & Island reizen mich ungemein. Möchte sehr gerne in meiner Heimatstadt Leipzig bleiben und nicht wie viele meiner Freunde „weg“ müssen. Viele nennen es unflexibel, ich weiß aber wo ich hingehöre. Möchte 1-2 Kinder haben und frei und ohne Ängste leben können.
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Also genau so schön spießeig wie ich 😉 … und beruflich?
Es ist nicht mehr so wie früher. Meine Eltern haben einen Job gelernt und diesen führen sie bis zur Rente aus. In 15 Jahren kann so viel passiert sein. Ich hoffe einfach einen Job zu finden der mich glücklich macht und ausfüllt. Ich hätte bis dahin gerne noch die ein oder andere Fotoausstellung. So etwas macht mir Spass, wie ich es dieses Jahr das 1. mal auf der Leipziger Buchmesse erleben durfte…
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Was hast Du denn da erlebt?
Ich mag es Dinge zu organisieren. Der Aufwand dahinter macht mir enorm Spaß. Wo bekomme ich günstig hochwertige Rahmen her? Welche Bilder wähle ich aus? Wildfremde Leute die meine Bilder mögen, einer der es sogar kaufen möchte. Unbeschreibliche Gefühle, gerade wenn man selbst weiß das man als „Fotograf“ noch lange nicht „gut“ ist. Auch die Tragweite so einer Ausstelllung ist enorm. Ich werde 6 Monate später immer noch darauf angesprochen. Mittlerweile zieren die Bilder meine Wohngemeinschaft. Was ich mir auch sehr gut vorstellen könnte: In fremde Länder zu reisen um dort dann ein Portrait-Band des Landes anzufertigen – wäre auch ein großer Traum von mir.
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Klar! Wer träumt da nicht von… Aber irgendwie kann ich mich erinnern, daß Du lieber Menschen als Landschaft fotografierst
Eben: Menschen-Portraits z.B. von Indien. Nicht das Land zeigen sondern die Menschen dahinter. Im Allgemeinen liegt mir das organisieren von diversen Events ganz gut, veranstalte 2 mal im Jahr ein Grillen von der Leipziger Twitter-Gemeinschaft was mittlerweile immer so 50-70 Menschen zählt (http://twitgrillen.ritman.de )
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Vielleicht gehörst Du ja auch in den Eventbereich… zumindest als Übergang…
Manchmal nervt mich diese eigene Vielseitigkeit. Man fühlt sich nirgends so richtig zuhause…
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Oh Mann – wem sagst Du das! Der Deutsche mag Schubladen und wehe Du gehörst in mehrere, dann nimmt er lieber jemand den er in eine kriegt – ist einfacher…
Ja ich sag dir auch woher es kommt. Jemand der viele Teilgebiete beherrscht, dem schreibt man eine fehlende Spezialisierung vor. Daher kommt auch das denken. Entweder der hat das richtig gelernt oder nicht. Deswegen auch mein Drang nach weiterer „Bildung“ um was vorweisen zu können.
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…und wehe Du bist zu gut! Dann hat der Chef als erstes Angst um seinen Stuhl… aber das mit dem „Vorweisen“ geht mir ehrlich gesagt am Arsch vorbei! Ich mein was willst Du denn noch? Deine Arbeiten sind ja sowas von „vorweisbar“
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Echt? Was gefällt dir denn am Besten?
Deine Arbeiten lassen Liebe zum Detail, viel Leidenschaft und handwerkliches Geschick erkennen… Dein „Urban City“ fand ich beispielsweise ganz großes Kino! Ganz zu schweigen von den Portraits aus Cuba!
Ja, ich liebe es Menschen zu fotografieren. Gerade eben ohne Blitz. Ich mag es auch nicht ein ganzes Studio um mich zu haben. So bin nur ich und mein „Model“. Damit kannst du eine eigenen Intimität erzeugen, die es dann auch mit aufs Bild schafft. Ein Gesicht zu fotografieren kann so schwierig aber auch so einfach sein. Das heftigste für mich persönlich, war eine Person zu fotografieren die mir kurz vor dem Shoot erzählt hat, das sie vor 2 Wochen abgetrieben hat. Solche Momente sind übel, so ist aber unser Leben. Sowas sieht man auf Fotos. Das innerste nach außen kehren.
Ja – da weis man gar nicht was man sagen soll… man hat ja so seine eigenen Wertvorstellungen… Inszenierst Du eigentlich Deine Models oder lässt Du es laufen?
Ich selbst lege Wert auf die Natürlichkeit. Klar bespricht man eine Pose oder eine Vorstellung aber oft lass ich es einfach laufen. Rede mit dem Menschen mir gegenüber und fotografiere dabei. Es ist eine Mischung aber ich empfinde viele Posen als künstlich und unnatürlich. Der Mensch möchte ja Bilder von sich haben und nicht von der eigenen Hülle. Letztlich hab ich von einem befreundeten Fotograf folgenden Satz gehört „Wenn das Model am nächsten Tag keinen Muskelkater hat, war es kein gutes Shooting.“ Diesen Satz kann ich nicht so wirklich teilen. Da wären wir wieder bei dieser endlosen Diskussion. Gestellte oder ungestellte Fotos?
Auf solche Disskussionen lasse ich mich gar nicht ein. Ein Foto ist ein gutes Foto, wenn es im Betrachter etwas auslöst… egal ob „gestellt“ oder „ungestellt“… aber Du hast recht
Nutzen wir mal die Leser- und Followerpower: Wie sieht der Job aus, der so ne Granate wie Dich in nächster Zeit hinterm Ofen vorlockt?
Mir ist die Mitarbeiterförderung wichtig. Ein Arbeitgeber der mich unterstützt. Ein junges Team wäre gut. Am liebsten ein Job in dem ich Fotografieren und digitale Bilder bearbeiten kann.
…klingt nach Verlag oder so…
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Ich hab mit Martin dann auch noch über mich gesprochen… Warum ich meinen Grafik- und Webdesigner an den Nagel gehangen habe und soviel glücklicher als Fotograf bin… und das könnt Ihr heute bei ihm lesen:

Martin im Netz:

http://martin-neuhof.com/

http://farbwolke.de

Twitter: @ritman77

Flickr: http://www.flickr.com/photos/ritman/

Tumblr: ritman.de

6 Responses

  1. Sehr sympathisches Interview… bis auf die letzten zwei Antworten. Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich mich darüber ziemlich geärgert habe und frage mich ernsthaft ob solche Aussagen förderlich sind?

  2. schönes Interview…

    Ich sehe leider hier in Hamburg einige Parallelen. Die EierlegendenWollmilchsäue sind wohl die einzige, die gutes Geld in Agenturen bekommen würden. Jobs gibt es jede Menge, aber auch hier kann man(n) nicht wirklich davon leben und zum selbstständig sein gehört Mut und vor allem viel Ausdauer.

    Ja und dann die Sache mit den Titeln, ich glaube diese stehen über den Arbeiten und werden zuerst betrachtet.

    @Martin mach Dir keine Sorgen, das wird schon, es gibt zum Glück Menschen, den ist das oben genannte egal…

    Grüße aus Werdau (bei Leipzig)
    Mario

  3. manne

    richtig guter beitrag… äh chat. würde mir gefallen wenn du das öfters machen würdest. und ich hab einen neuen blog für netvibes 😉

  4. Stefan

    Über einen Nettoverdienst von 900 Euro so herabfallend zu schreiben ist wirklich größte Arroganz. Klar ist das kein Traumgehalt, aber doch ganz klar besser als Arbeitslosigkeit. Wenn man sich nicht allzu schlecht anstellt, hat ein Einstiegsgehalt auch nicht lange Bestand. Zumal viele mit so einem Gehalt ihr Leben bestreiten müssen, ist das hier wirklich äußerst unangebracht. Symphatiepunkte für Martin habe ich keine mehr übrig.