Foto Sampling
Nichts hat die Musik so sehr beeinflusst wie das in den achtziger Jahren aufgekommene Sampling. Gemeint ist damit „bruchstückhafte Herauslösen“ von Ausschnitten verschiedener Musikstücke und dem Zusammenfügen zu einem völlig Neuen. Sampling konnte sich mittlerweile auch in anderen Bereiche unserer digitalen Umwelt als eigene Kunstform etablieren, wie beispielsweise das unfassbar gute „thru you“ von Kutiman – einem Musikvideo welches aus verschiedenen YouTube Videos zusammen gestellt wurde. Ein interessanter Gedanke, den der Hannoveraner Jan Carl Bartels aufgriff und auf die Fotografie adaptierte. Er sampelt Fotografien und fügt damit kleine Kunstwerke zusammen. Ich fand diese Idee sehr spannend und war von den Ergebnissen sehr angetan. So schrieb ich ihm und bat ihn um ein paar Informationen…
Jan Carl Bartels:
„Meine Bilderserie beschäftigt sich im Wesentlichen mit drei verschiedenen Problemen. Der erste zentrale Aspekt meiner Arbeit beschäftigt sich mit der Digitalität von Bildern und der damit verbundenen Verfügbarkeit, einer scheinbar unbegrenzten Menge an Bildmaterial. Besonders die Auflösung des Begriffes des Originals durch die uneingeschränkte Kopierbarkeit, Verfremdbarkeit und Möglichkeit der Neukontextualisierung ebenso wie das Verhältnis von verschiedenen Bildqualitäten hinsichtlich der Auflösung und der Farben eröffnen einen weites Feld für eine künstlerische Auseinandersetzung.
Der zweite Aspekt, den ich mit meiner Bilderserie problematisieren möchte, ist, inwiefern die aus der Populär-Musik bekannte Sample-Idee auf das Medium Foto übertragbar ist, bis nicht mehr von einem Foto die Rede seien kann. Ein Musikstück bleibt ein Musikstück, auch wenn es aus vielen Versatzstücken bereits bestehender Musikstücke arrangiert wurde. Inwieweit trifft das aber auf ein Foto zu? Können Bilder, die aus „Samples“ zusammengesetzt sind, noch Fotos sein? Macht die Fotokamera ein Bild zu einemFoto?
An diese Fragen schließt sich unmittelbar die Frage nach den Grenzen des Mediums Foto an. Sind meine Bilder, weil sie auf Fotos als Rohmaterial zurückgreifen und auf einem für die Fotografie typischen Material gedruckt sind, Fotos? Oder sind sie keine Fotos, da bei ihrer Entstehung keine (oder zumindest nur indirekt) Fotokamera involviert war?
Die für mich somit grundlegendste Frage, die ich mit meinen Bildern anregen möchte, betrifft das Verhältnis der Fotografie und Bildern, die nicht mit Hilfe einer Kamera entstanden sind, wie etwa die Zeichnungen oder das Gemälde. Dabei stelle ich die Frage, inwieweit die heutigen technischen Möglichkeiten die Grenzen zwischen den klassischen Bildgenres und der Fotografie aufheben. Bei meiner Bilderserie bediene ich mich zwar des Fotos als Rohmaterial, jedoch dekonstruiere ich dieses Ausgangsmaterial und bringe es in einem völlig neuen Kontext zusammen. Wie ist somit ein solch generativer Bildansatz einzuordnen?“
Es sind eine Menge interessante Aspekte und Fragen die somit im Raum stehen. Zeit darüber nachzudenken. Was denkt Ihr darüber?
Links:
Web: www.jancarlbartels.de
Flickr : http://www.flickr.com/photos/46360070@N04/
Endlich mal jemand, der vertsteht wie die Welt eigentlich aufgebaut ist – man muss sie nur einmal mit anderen Augen betrachten – interessante Kollagen.
Interassant ist hier vielleicht der Vortrag „Antropofagia – Plädoyer für eigenartiges Lernen“ von Martin Butz, gehalten auf dem Bildungscamp 2009 und dem DesignCamp 2010, der die unterschiedliche Aspekte Mashup, Bricolage, Eklektizismus, Remixing. etc. beleuchtet. http://www.art-zweinull.de/?p=517