Ein Spion auf Sonic Iceland
Kai Müller aka „Stylespion“ dürfte den meisten unter Euch ein Begriff sein. Im letzten Jahr habe ich ihn hier in Hamburg bei einem stürmischen Photowalk kennengelernt und konnte ihn auf Anhieb gut leiden. Seit einiger Zeit rührt er kräftig die Trommel für ein Projekt Namens „Sonic Iceland“ bei dem er zusammen mit seinem alten WG-Kumpel Marcel Krueger ein Porträt über die isländische Musikszene erarbeitet. Dass die isländische Musikszene mehr zu bieten hat als Björk, kann man sich denken. Interessant ist jedoch, wie Musikszene in einem Staat mit gerade einmal 317.593 Einwohnern (also einem Zehntel von Berlin) vernetzt ist, wie sie lebt, arbeitet und wie sich Musik auf diesem kleinen vulkanischem Kosmos zu entwickeln vermag. Also geile Idee! Kai und Marcel hatten nicht nur die Idee zu diesem Projekt, sie stemmen auch alles alleine: Finanzierung, Marketing, Umsetzung…
Einer von Kai´s Parts an diesem Projekt ist die fotografische Begleitung. Dass er ein sicheres Gespür für den richtigen Moment hat, beweist er immer wieder mit seinen Konzertfotos, die er auf seinem Blog postet. Dabei verzichtet er auf „großes Besteck“ – seine Nikon D90 scheint ihm an die Hand gewachsen… Soll sich das auf Sonic Iceland ändern? Ich wollte es wissen:
Kein Projekt hat bei mir bisher einen größeren “Wow- und Neidfaktor” hervorgerufen als Euer Sonic Iceland Project. Man selbst träumt ja auch irgendwie immer seinen eigenen Sonic Iceland-Traum… Wie habt Ihr die Finanzierung hinbekommen und wie schwierig war die Suche nach Sponsoren?
Danke dir, Steffen. Also das Feedback auf die Idee und das Projekt war sehr sehr positiv. Das freut uns natürlich sehr, eine Vorabbestätigung zu bekommen und zu merken, dass man sich nicht etwas ausgedacht hat, das keine Socke interessiert.
Zur Finanzierung: Hier muss ich zugeben, dass ich mir diesen Punkt sehr viel einfacher vorgestellt hatte. Ich habe auf StyleSpion ja eigentlich nie Probleme gehabt, Werbepartner zu finden, bzw. habe ich nichteinmal danach suchen müssen, die Anfragen kommen dort von alleine. Bei SONIC ICELAND bin ich davon ausgegangen, dass es für Werbepartner ein gefundenes Fressen sein wird. Im Prinzip müssen sie sich um nichts kümmern, selbst das Marketing des Projektes übernehmen wir ja komplett selbst. Zudem ist es ein internationales Projekt. Um eine lange Geschichte kurz zu machen: ich habe mich getäuscht. Finanziellen Support haben wir trotz allem nicht bekommen, immerhin aber unterstützen uns ein paar Unternehmen mit „Hardware“.
Hm, ja, das Geld ist knapp im Moment. Nach dem Vulkan-Wolken-Desaster war es wahrscheinlich noch schwieriger, Sponsoren (besonders aus der Reisebranche) ausgerechnet für das Sponsoring eines Island-Trips zu gewinnen, oder? Wo liegt der Benefit für die Sponsoren?
Welches Vulkan Disaster? 😉 Ich schmunzele ja immer, wenn Menschen tatsächlich Island dafür verantwortlichen machen, dass da ein Vulkan ausgebrochen ist. Als ob da ein Isländer sitzen würde, der mit einer Fernsteuerung den Eyjafjallajökull steuert… Für Island ist der Ausbruch aber tatsächlich zu einem handfesten Problem geworden. Viele haben inzwischen den bereits gebuchten Sommerurlaub in Island storniert. Wenn man bedenkt, in welch bedenklicher Situation der isländische Finanzhaushalt sowieso schon steckt, und dass nun noch eine der Haupteinnahmequellen des Landes in diesem Jahr ausfallen wird, dann ist das für ein so kleines Land schon hart.
Da planst Du so ein Projekt von langer Hand, gewinnst Sponsoren, knüpfst Kontakte, bereitest Dich vor, machst und tust und dann stiehlt dir ausgerechnet ein isländischer Vulkan die Show… War der Vulkan-Ausbruch jetzt von Vorteil weil Island sowieso in den Schlagzeilen ist…
Der Ausbruch ist erstmal eine hübsche Werbekampagne. Immerhin wissen inzwischen wohl alle, wo diese Insel auf der Karte zu finden ist… Ganz spannend an der Sache finde ich auch, dass der Ausbruch uns noch einmal vor Augen hält, dass die Natur noch immer die mächtigste Kraft ist. Wir veruschen alles zu steuern, aber die Natur hat mehr Joker im Ärmel, als wir uns vorstellen können.
Nicht so super ist natürlich, dass es auch uns passieren kann, dass wir in vier Wochen entweder gar nicht nach Island fliegen können, oder in acht Wochen erstmal nicht nach Hause kommen. Darauf haben wir keinen Einfluss und versuchen uns schon vorher darauf ein wenig einzustellen. Wir werden sehen, was passiert. Die bisher aufgebauten Kontakte und Freundschaften haben ja kein Verfallsdatum – da können wir notfalls auch später wieder anknüpfen, sollte es notwendig werden. Da sich unser Projekt ja auf die Menschen, Kunst, Musik und die Natur Islands konzentriert, sehe ich aber keine negativen Aspekte.
Welchen Stellenwert hat die fotografische Begleitung des Projektes?
Also die Idee für das Projekt ist inzwischen schon gut zwei Jahre alt. Damals war mein Gedanke: wie geil wäre es, ein (ausschließlich) fotografisches Portrait der isländischen Musikszene zu machen? Irgendwann habe ich mit Marcel über meine Gedanken gesprochen, und wir haben beschlossen, es gemeinsam anzugehen.Marcel wird in Island also hauptverantworlich für Gespräche und Worte sein, ich werde mich darum kümmern, alles visuell einzufangen. Dabei soll nichts inszeniert werden, wir wollen unbedingt versuchen, Momente einzufangen. Wie war die Frage? Achso: meine Antwort: 50/50 – aber lassen wir uns überraschen.
Du ziehst immer relativ spartanisch in Feld. Welche Kamera und welche Objektive hattest Du beim ersten Trip dabei?
Du sprichst von den sieben Tagen, die ich vorab in Island war. Da hatte ich die D90 dabei. Zum Einsatz kamen eigentlich nur zwei Objektive: das 35mm, 1.8 und ein Superweitwinkel (10-20mm) von Sigma. Letzteres wollte ich eigentlich schon lange verkaufen, weil ich es wirklich nie genutzt habe.
In Island kam es dann doch recht häufig zum Einsatz, weil es natürlich sehr gut geeignet ist, die Weite und Leere der Landschaft nicht nur anzubilden, sondern auch ein wenig zu verstärken. Leider lässt die Schärfe des Objektives sehr zu wünschen übrig. Da bin ich mit den Festbrennweiten sehr viel zufriedener. Das 35er habe ich sonst immer drauf.
Wow. Ich hätte mir wahrscheinlich in die Hosen gemacht und 20 Linsen mitgeschleppt… Bei einem solchen Trip hielte ich es persönlich für wahnsinnig wichtig, die ersten Eindrücke und Emotionen aufs Bild zu bekommen. Konnte die D90 diesem Anspruch gerecht werden oder war Dein Anspruch ein ganz anderer?
Ach, das ist das alte Thema. Mein Anspruch war es, die Stimmung dort einzufangen. Das kann man auch mit einer Knipse für 100 Euro hinbekommen. So lange ich einen Sucher habe, bekomme ich auch irgendwie ein Foto zustande. Ich fotografiere ja sehr ungeduldig. Wenn ich etwas entdecke, das ich festhalten will, dann passiert das in der Regel in ein paar Sekunden. Schlimmstenfalls auch mit dem Handy als Fotoapparat. Führt natürlich auch dazu, dass immer wieder Enttäuschungen dazwischen geraten, aber das gehört dazu.
Die D90 ist für ihren Preis ein tolles Gerät. Und da ich mir schlicht derzeit keine andere Kamera leisten kann, ist sie im Moment das beste Arbeitsgerät.
Ja, die D90 war lange Zeit auch mein steter Begleiter! Feines Teil! Hast Du vor Ort je am eingesetzten Foto-Equipment gezweifelt oder nimmst Du das was Du dabei hast als “gegeben” hin?
Vor Ort denke ich darüber gar nicht nach.
ok, ist auch ne Idee… Ist bei der Güte Deiner (ich sag mal) “Jobs” nicht langsam mal ein Upgrade auf eine Vollformat fällig?
Ich hätte nichts dagegen. Ich darf noch nichts verraten, aber so wie es aussieht, werde ich für SONIC ICELAND mit meinem Traum-Equipment unterwegs sein.
Ah geil! Ich bin echt mal gespannt wie Dein Traum-Equipment aussieht… aber Du darfst ja noch nichts verraten… hm,
Ich bin ja großer Fan Deiner Bildsprache. Sie strahlen alle irgendwie etwas “zufälliges” aus und liefern für mich immer irgendwie ein Zeugnis des Augenblicks ab. Hältst Du in der Tat oft einfach nur drauf oder hast einen ganz anderen irren Trick auf Lager?
Haha, danke. Oft bekommen Leute, mit denen ich gerade unterwegs bin, gar nicht mit, dass ich auch zwischendurch fotografiere. Das geht meistens schnell. Die Kamera ist immer an, wenn ich sie dabei habe. Auch die Einstellungen verändere ich ständig bereits im Gehen, auch wenn ich gerade nichts fotografiere. Wenn ich beispielsweise merke, dass es ein wenig dunkler wird, schraube ich ganz automatisch den ISO-Wert hoch, drehe die Blende auf, etc. Wenn dann etwas passiert, kann ich ziemlich schnell schießen, ohne vorher zittrig nachstellen zu müssen.
Danke Dir! Wenn Du mal einen zweiten Fotografen brauchst… dann hast Du ja meine Nummer 😉
Und sollte hier jemand mitlesen, der das Projekt unterstützen möchte oder kann. Tut es! Infos und Kontaktdaten gibts auf der offiziellen Website von Sonic Iceland:
Sonic Iceland könnt Ihr auch via Twitter folgen: twitter.com/soniciceland
Kai ist auf www.stylespion.de zu lesen
Sein Kumpel Marcel auf blog.kingofpain.org
Sehr interessant! Danke!
Schön zu lesen (nicht nur weil Sonntag ist :D) – und: Tolle Story mit richtig schicken Bildern. Wunderbar.
Pingback : Frisch serviert: browserFruits, das Foto Special | KWERFELDEIN | Digitale Fotografie
geil-geil-geil! sh1ce, ich kann das wort nicht mehr hören!
Jetzt schaue ich hier schon den ganzen Tag zwischendurch rein, und erst jetzt fällt mir auf, dass ich mich noch gar nicht bedankt habe!
Also: vielen Dank Steffen! Tut immer gut auch mal selbst etwas über den Kram, den man macht, zu reflektieren.
Danke natürlich auch für die netten Kommentare, die Academy lasse ich erstmal außen vor.
Klasse Interview, bei dem Stilpirat und Kai sehr sympathisch rüber kommen.
Ich bin auf die weiteren Fotos des Projekts gespannt und auf das Endprodukt, das Buch, dass sich Kai so wünscht.
Pingback : Stylos among themselves at Sonic Iceland
Tolles Interview! 🙂 Ihr kommt beide sehr sympathisch rüber, klasse.
Ich bin sehr gespannt, wie es weitergeht und werd erstmal den Follow Button bei Twitter klicken.
Außerdem erinnert es mich dran, dass ich mal wieder mehr fotografieren sollte und die Einstellungen im Gehen zu ändern ist natürlich auch ne gute Sache 😀
<< Wenn Du mal einen zweiten Fotografen brauchst… << dann hast Du ja meine Nummer Heh! Hinten anstellen!
Wenn zwei Fotografen Kaffee trinken gehen 😀 Ich finde es immer wieder herrlich solche Texte zu lesen.
Steffen: Wie hast du das Interview mit Kai gemacht? Skype? Telefon? Finde es ganz schön, dass die Fragen aneinander anknüpfen.
Könnt ja wetten dass sein Traumequipment irgendwas von Leica ist, so scharf wie Kai auf die Dinger ist 😉
Schönes Interview. Danke!
Pingback : Interview zu SONIC ICELAND - StyleSpion
Vorallem die Wallpaper sind echt klasse. Auf die Fotografische Arbeit bin ich schon mehr als gespannt. Rock On in Sonic Iceland. 🙂
Großartig! Ich bin schon derbe gespannt auf das Projekt und ich liebe es alles mitverfolgen zu können. Man hat das Gefühl ein Teil dessen zu sein.
Tja, und wie du schon erwähnt hast, Kai ist so ne sympathische Type (wie auch Marcel, den ich in Berlin kennengelernt habe), dass man sich wirklich wünscht, dass alles glatt geht und weder die Natur noch die Finanzen dazwischen kommen.