30
Mai
2011
5

Das Foto, das mich hasste

Es gibt Aufnahmen, die wollen nicht auf die Welt kommen und  ich behaupte, diese Aufnahme hasste mich! Alles begann auf Bornholm neulich: Ich bin im Auto unterwegs um Großformat-Motive zu finden. (Ja, für mich gibt es Motive, die sehen nach „Großformat“ aus. Übrigens gilt das in meinem Hirn auch für Mittelformat- und Kleinbild-Motive… egal…) Jedenfalls dachte ich mir, es wäre doch mal etwas völlig verrücktes, einen Leuchtturm im Großformat aufzunehmen, während die Sonne untergeht und das Licht am Leuchtturm gerade angegangen ist…

Eine Odyssee begann, die sicherlich nur für Fotografen interessant ist, die mal analog rumgepanscht haben…

Ich schleppe meine Großformat-Apparatur einen beschwerlichen Berg rauf, baue mich auf und warte auf den Sonnenuntergang, damit mir  jemand nach 2 Stunden des Wartens eröffnet, der Leuchtturm wäre stillgelegt. Wie ich ihm so zuhöre, bemerke ich, dass ich mich offenbar in Schafsscheisse gesetzt habe und der Sonnenuntergang sich gerade hinter den Wolken verabschiedet.

Ein zweiter Versuch – ein paar Tage später : Ich baue mich wieder auf und will den Leuchtturm fotografieren, als ich den schönsten Grossformat-Anfänger-Fehler bemerke, den es gibt: Film-Kassette nicht beschriftet. Woher ich jetzt wissen soll, in welcher Kassette, der Spuersinn G50 (50ISO) ist und in welcher der Fuji Provia (100 ISO) ist mir schleierhaft. Ich entscheide mich blind für Fuji und belichte die beiden  Kassetten (jeweils 2 Filme) mit ISO 100.  Der Sonnenuntergang war zwar um einiges langweiliger als der bei meinem ersten Versuch, doch hab ich nicht den Biss, mich ein drittes Mal zu versuchen.

Ein wenig frustriert kehrte ich heim, um festzustellen, daß sich die Schieber einer Kassette gelöst haben und den Film freigaben… Anfänger-Fehler Nr. 2 – naja, zumindest weiss ich jetzt, in welcher Kassette der G50 war. Die noch verbliebende Kassette hütete ich den Rest des Urlaubs wie mein eigenes Ei.

Gestern nun wollte ich den Leuchtturm entwickeln. Ich starte meine Farbentwicklung, um im nächsten Moment festzustellen, dass der Deckel der Entwicklerdose offenbar nicht so richtig passt und mir 1/3 der Suppe schön an der Seite wieder rausläuft. Nicht nur die Hose versaut, sondern auch der Fussboden und naja … der Film ist auch hin… denn nun reicht der Entwickler nicht mehr ganz bis zum Deckel und Kippentwicklung schliesst sich bei dem Mist-Deckel aus. Ich mache stur weiter – so, als wär nix passiert – bis zum Ende… „F**k Dich Foto!“

Zwei halb entwickelte Grossformat-Negative des gleichen Motioves. Eines oben nicht entwickelt – das andere unten nicht… Glück im Unglück! Kann ich in Photoshop zusammen stitchen…

Es ist nicht so, dass der Scheiss damit beendet wäre: Die Uralt-Lizenz von Silverfast auf Windows in der virtuellen Umgebung meines Macs konnte nicht starten, da sich das Betriebssystem plötzlich komplett zerschossen hat und ich selbiges in 2-Stündigem Sitzungsmarathon mit meiner Tochter auf dem Schoß wieder herstellen wollte, was aus irgend einem Grund nicht klappte und mich dazu veranlasste mir endlich eine frische OSX Version für 119,-€ zu kaufen. Da jedoch der Silverfast-Shop darauf bestand, meine Kreditkarte nicht zu akzeptieren und ich bereits Zuckungen im linken Auge hatte, nahm ich die Zweitkarte meiner Frau auf die ich allerdings warten musste, weil sie unterwegs war…

Nach unendlich langen Stunden endlich gescannt – ein Fuck-Moiré-auf-dem-Negativ-Galore. Ich weine bitterlich – wie ein kleines Kind. Warum plötzlich das?? Hatte ich noch nie? Alle Tipps und Tricks befolgt – Glasplatte weg – Negativ schief gelegt… ich kämpfte mich vorwärts…

Was mit der missglückten Entwicklung um 11 Uhr begann, endete 22.30 Uhr mit dem ersten Scan – dann mit weniger Moiree Effekt… – die Farben – yeah…  das Motiv immer noch geil… -…  ich gehe in die Schwarz/weiss Umwandlung und schraub an den Kanälen… BINGO!! Zwar ein wenig fleckig – es will seine Kampfspuren präsentieren – doch es ist genau richtig so!

23:58 Uhr sieht geil aus! So Du Drecksfoto: ICH HAB GEWONNEN!

Es heisst „Hammeren Fyr“ (weil der Leuchtturm so hieß): klick macht grooß

 

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47 Responses

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  4. jakob

    …aber auch die „unordnung“ und das „gewollt unperfekte“ hat seine regeln: der baum rechts am haus steht zu dicht und die unschärfe unten rechts passen einfach nicht…

    jakob

  5. jakob

    finde schade das dieses bild nicht farbig ist.
    wäre noch 1m nach links und 2m vor gegangen und vieleicht mit einer leiter 2m hoch, dicke wolken
    und licht im haus (turm noch besser) hätten dann das Bild perfekt gemacht!

    gruß jakob

  6. Wahnsinnig gute Fotografie und unglaublich faszinierende Geschichte zur Entstehung und Entwicklung. Ich hätte das Meisterwerk wahrscheinlich zwischenzeitg in die Tonne gekloppt und nie erfahren wie das fertige Bild aussieht. Geduld und Duchhaltevermögen haben sich in jedem Fall ausgezahlt. Ich würde mir die Fotografie übrigens auch an die Wand Hängen.

  7. @Markus
    Na dann kannst Du ja Deine kancksenden Platte jetzt alle auf mp3 aufnehmen und die gesamte Plattensammlung auf CD speichern 😀

  8. Früher (beim Musik hören) habe ich jedes Kancksgeräusch an meinen Vinyl-scheiben gehasst.
    Gottseidank es kam die CD.
    In letzter Zeit höre ich wieder nur noch Schallplatte.
    Das analoge Flair ist einfach klasse.
    Was ich damit sagen will.
    Wer analog fotografiert hat, wird auch dieses Bild lieben.
    Die Flair ist ein fach spitze und ich werde einen Teufel tun nach kleine Fehlern zu suchen wenn das Bild mich umhaut.

  9. @stilpirat Die Tricks, die du wahrscheinlich schon kennst:
    Vorlage in größtmöglicher Auflösung einscannen, dann runterrechnen, und schief auf den Scanner legen und dann einscannen. weil das nicht immer von Erfolg gekrönt ist, mit Gausschem Weichzeichner weichzeichnen, bis das Moiré in der Unschärfe verschwindet. Ist leider mit erheblichem Qualitätsverlust verbunden.
    Das Moiré tritt meist auf, bei schon einmal gedruckten Vorlagen, also ist das meist sehr schmerzlich.

  10. @Alle – das Foto hab ich übrigens bereits nachbearbeitet und ausgetauscht… der schiefe Turm und das Moiré sind mittlerweile also raus… vielleicht können es deshalb einige nicht mehr ganz nachvollziehen

  11. Mir gefällt Dein Bild prinzipiell sehr gut!
    Mir würde es noch viel besser gefallen, es in groß über dem Klavier oder sonstwo bewundern zu können.
    Mir gefällt das Moiré nicht, denn es macht (in meinen Augen) alles kaputt.
    Sorry, bin halt pingelich!

    Ich schrieb den Kommentar nicht (allein), weil ich so nörgelig bin, sondern weil manchmal, nachdem ich ganz beiläufig meine Kritik irgendwo gepostet habe, es mir manchmal so vorkommt, dass so mancher mich dafür hasst (damit meine ich auch nicht Dich, denn ich glaube, Du bist mit dem Ergebnis selbst auch nicht so zufrieden).
    Darum habe ich dann das Gefühl, mich für meine Kritik rechtfertigen zu müssen.

    Nebenbei gesagt, gehörte es früher zu meinem Job, Bilder für Print einzuscannen. Wenn ich dann Moiré bekommen habe, musste ich das so lange wiederholen, bis ich’s ohne hinbekommen habe.
    Wenn das nich der Fall war, musste ich’s mit Gausschem Weichzeichner wech machen, was mein Herz zum Bluten brachte.

  12. @Christine jeder darf seine Meinung haben. Ich glaube es geht nicht um „richtig oder falsch“ sondern um „gefällt mir oder nicht“… so lange es noch ums Foto geht, kann jeder seine Meinung dazu äußern 😉

  13. Ich weiss selber, dass ich überkritisch bin, vielleicht stößt das dem einen oder anderen auf.
    Entschuldige bitte deswegen meine Ehrlichkeit.
    Bei Deinem Bild stoßen mir weniger die Flecken auf dem Negativ auf, vielmehr sind es Fehler, die durch digitale Bearbeitung produziert wurden und absolut nicht ins Konzept passen.
    Als Möchte-Gern-Perfektionistin empfinde ich sie nicht mehr nur als störend, sondern vielmehr sind sie für mich aus diesem Grund inakzeptabel.
    Für mich macht das un-Perferfekte, das un-Kalkulierbare den großen Reiz der analogen Photographie aus, trotzdem mag ich nicht Mängel schlucken, die durch unzulängliche technische Mitteln entstanden sind oder gar aus Schlamperei – wie digitale Bildfehler oder übermässige Unmengen von Fusseln (mit letzterem ist NICHT Dein Bild gemeint) –, genauso wenig, wie ich oder der Rest der Photographie-begeisterten Welt es vor dem digitalen Fotografie es getan hätten.
    Trotzdem oder gerade deswegen habe ich meine Kritik, denn wer analog photographiert muss nun mal höheren Ansprüche gerecht werden und einmal gemachte Fehler lassen sich schwer wieder ausbügeln.
    Was Du durchgemacht hast, um an Dein Foto zu kommen ist trotzdem bewundernswert.

    Andernfalls ist es schade, dass man dieses tolle Motiv nicht in voller Größe und auf Papier bewundern kann, da wird das digitale Medium dem sicher atemberaubenden Großformat im Original nicht im Mindesten gerecht.
    Ich hoffe jedenfalls für Dich, dass Du nächstes Mal nicht so’n Pech hast und Dein neuer Scanner seine Aufgabe besser bewältigt (Gleich nochmal scannen?!).

    Ich entschuldige mich nochmals bei allen für meine Meinung und betone noch vorsichtshalber: Ich muss es nicht besser machen können, um die äußern zu können 😉

  14. Askan Worms

    Als ich vor 10 jahren die Großformat Fotografie aufgab prägte eine Geschichte ein Teil meiner Aufnahmen. Ich besaß ein 5,6/150mm Symmar Satzobjektiv daß ich immer links liegen ließ weil der Compur Elektro Verchluß ohne Ende Batterien fraß. Nach einem Umbau auf einen normalen Compur Verschluss merkte ich nach etwa 2 Jahren daß dies Objektiv bessere Grauwerte und Schärfe bereitstellte als das nächt längere 5.6 /180 Symmar HM. Hätte ich dies vorher gewusst währe mein Gepäck anstatt 8 Kilo nur 5 Kilo schwer. Ohne Stativ versteht sich.

  15. Geile Story und Geiles Bild! Der Ideelle Wert Kann es für dich in nichts aufwiegen. Merk die die Story für deine Enkel! :-). Wenn ich solche Geschichten höre bekomme ich Lust auf Analog.

  16. Es tut mir so leid aber ich habe mich köstlich über die Geschichte amüsiert. *chrrrr
    Und auch, wenn das Bild nichts geworden wäre, es wäre ein Siegerbild gewesen. :o)

  17. Anderswo, wenn alle bildgebenden Effekte gewollt wären, würde es durchaus als Kunst durchgehen. Insofern mein Kompliment. Ich würd’s mir an die Wand hängen.

  18. Sehr schön! Wirklich. Und ich kann Dir gut nachfühlen, was das Thema Filmkassetten angeht.

    Von der „leeren Filmkassette mitnehmen und belichten“ bis hin zu „falscher Film“, „doppelt belichten“ und „Film verkehrt herum“ hatte ich auch schon alles durch.

    Man wächst halt mit der Sache.

  19. Markus

    Tolles Durchhaltevermögen, darauf kommt es bei diesem Hobby doch an. 😉 und belohnt mit einem tollen Bild, vor allem mit der Hintergrund-Geschichte gefällt es mir richtig gut!

  20. Ehefrau

    Wünschte, ich würde bei solchen Tiefschlägen sie ruhig bleiben. Mir gefällt jede Ecke des Bildes mit egal welchen vorhandenen und nicht vorhandenen Effekten. Wird atemberaubend aussehen über dem Klavier, aber bitte richtig groß und gleich bestellen.
    Es lebe die analago Fotografie!

  21. Gabi

    Also wenn das Foto an sich nicht schon klasse wäre, allein die Story hätte es schon zum Spitzenbild gemacht. Du hast verdient gewonnen!

  22. SeniorKooky

    Your second name is Murphy?!

    Nichtsdestotrotz kann sich das Ergebnis durchaus sehen lassen! Nein wirklich, schönes ‚Gewinnerbild‘!

  23. Wer schön sein will, muss leiden. Gilt für Fotos und für sowieso alles andere im Leben gleichermaßen.

    So ein Bild bietet da doch den perfekten Gegenwert für jegliche Strapazen.

    Glückwunsch für dieses hammer Ergebnis!

  24. Dieses Bild hat ja eine aufregende Geschichte – und es ist wirklich fulminant!
    Schade, dass in der rechten unteren Ecke immer noch so ein Moiré-Effekt zu sehen ist.