Songs in the key of life
Ich saß in der letzten Woche im Flieger aus Malaga und überbrückte die 3,5h Flug mit Musik. Nach langer Zeit kramte ich Stevie Wonders „Songs in the key of life„ (*) aus der Versenkung – eine Platte, die mich seit ihrem Erscheinen im Jahre 1976 begleitet. Damals war ich zwar erst 6 Jahre, doch den Bläsersatz von „Sir Duke„ verstanden meine Ohren. Ich glaub mich sogar erinnern zu können, dass mein Vater das Intro gern mit einem imaginären „Mundbläsersatz“ nachspielte. Diese Hommage an Duke Ellington, an der sich bis heute alle Bläsersätze dieser Welt die Zähne ausbeißen, wirst Du – wenn sie morgens mal im Radio hörst, den ganzen Tag nicht wieder los…
Irgendwann mit 12-13 dann – als ich mich intensiv mit Musik beschäftigte – knallte mir „Isn´t she lovely„ die Rübe weg. Ich hörte die Nummer irgendwann spät abends aus meinem ersten 20cm großen, batteriebetriebenen Transistorradio, welches unter meinem Kopfkissen lag. Ja, damals gab es noch Musiksendungen, die Titel mit einer Länge von über 3 Minuten ausspielten. Das nicht enden wollende Mundharmonikasolo war – soviel begriff ich bereits- pure Liebe – zu seiner Tochter, zur Musik und dem Leben selbst. Das verrückte dabei – und für heutige Produktionen eigentlich undenkbar: Das Solo beginnt bereits bei 2:47 und trägt den Song bis zum Ende bei 6:34 – mehr „Solo“ als „Lied“…
Ich kann mich genau erinnern, dass diese Nummer der Schlüssel war, mich fortan auf die Suche nach dieser Platte zu machen (naja – eigentlich waren es 4 Platten). Als Kind der DDR gehst Du jedoch nicht so einfach in den Laden und kaufst sie, sondern „streckst deine Fühler aus“ und treibst dich auf Plattenbörsen herum. Allerdings war der Kauf eines 4-fach Albums dieser Güte finanziell eine gewaltige Nummer zu hoch für mich und so begnügte ich mich mit irgendeiner wilden Kopie auf Kassette. Es muss die 6. Kopie der 8. Überspielung gewesen sein – es klang fürchterlich! Zu allem Übel schnitt das Ende der Kassette mein geliebtes Mundharmonika-Solo bei „Isn´t she lovely“ ab. Nun denn… Mann kann es sich in Zeiten des Internets und MP3-Dateien fast nicht mehr vorstellen – ich schrieb mir die Texte der Platte damals mit einem Stift und Zettel ab und übersetzte sie. Wilde Zeiten…
Als ich mich dann 1989 auf den Weg gen Westen machte und die „Republik“ verliess, lief diese alte Kassette mit den „Songs in the key of life“ in meinem Walkman (das war so ein tragbares Kassettenabspielgerät). Ich erinnere mich genau an eine Schlüsselszene, als ich die damalige Grenze passierte und die nicht enden wollende Hookline von „Another Star„ meine Melancholie fort blies. Stevie – du wusstest, warum du solche Lieder schreibst 🙂
„Songs in the Key of life“ ist – wenn man „Musik“ als Religion betrachten möchte – das Gebet dazu. Seit ich meine Liste „10 Platten, die ich mit auf eine einsame Insel nehmen würde“ führe, ist sie unter den Top 3. Ich glaub Stevie jeden Schluchzer und jede Note. Mitunter kracht und scheppert es im Gebälk, doch finden sich alle Instrumente immer wieder zusammen. Wegen dieser Platte hab ich mir irgendwann ein Rhodes gekauft – ein Suitcase 73 (!!!) – und ich trieb damit meine Nachbarn bei meinen Versuchen „I wish“ nachzuspielen in den Wahnsinn. Stimmlich war Stevie während der Produktion des Albums wahrscheinlich im Zenit der Möglichkeiten. Immer wenn man denkt, es geht nicht höher, schenkt Stevie noch eine Terz drüber (schon mal versucht „Ngiculela – I am singing“ in der Original Tonart mitzusingen? Danach hast Du nen Hustenanfall!). Ob solch eine Produktion in der Geschichte der Musik je wieder möglich sein, wird bezweifle ich. Die Vollhonks in den Etagen der Musik-Majors werden das schon zu verhindern wissen, weil ein Song mit 8 min Länge auch einfach nicht Radiotauglich ist und ein 4-fach Album? Ich bitte dich! Und dann so bunte Lieder? Schwierig!
Ich mag die Platte schon aufgrund des Titels. Sie passt zu mir. Immer wenn irgendwas in meinem Leben passiert, ist sie da, beruhigt mich, baut mich auf und ich gehe eine Runde mit dem Bass tanzen…
Mich interessiert: Welche ist eigentlich deine Platte, die auf der einsamen Insel unbedingt dabei sein muss?
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Burial – Untrue
mehr brauchts zum Leben nicht 😀
Momentan würde ich mitnehmen
Controlling Crowds von Archive, die hör‘ ich seit zwei Jahren rauf und runter und sie wird nie langweilig, ein echtes Meisterwerk, wie ich finde. Dann käme noch Khmer von Nils Petter Molvaer in den Rucksack, dabei kann ich so wunderbar meine Gedanken schweifen lassen und noch In Flux von Ravi Coltrane, die Musik, die mich an großstädtische Straßenschluchten denken lässt, welche ich auf der einsamen Insel bestimmt irgendwann vermissen würde. Und noch was von Neil Young…..
Toller Artikel übrigens und toller Blog!
„Songs for….“, Pink Floyd, Anouar Brahem (extrm meditative Sachen),
vieeeeeeeeel Jazz.
Bin schon ein wenig älter.
Schön zu lesen, dass es außer mir noch jemanden gibt, der „Songs in the Key of Life“ unter seinen Inselplatten hat 😉 Mit auf meine Insel müsste auf jeden Fall noch „Francis Albert Sinatra & Antonio Carlos Jobim“.
Gaaaaanz klar:
The Verve – Urban Hymns
und vor allen Dingen „Lucky Man“ von diesem Album!!!
Ich würde Meteora von Linkin Park und Start Something von den Lostprophets mitnehmen. Ach ja, und natürlich Rock’n’Roll Realschule von den Ärzten. Zugegeben, bin ein etwas jüngeres Semester 🙂
Ohne „In Rock“ und „Made in Japan“ von Deep Purple geht gar nichts.
Mike Oldfield „Five miles out“!!!
Bei mir wäre es wohl „Blood on the tracks“ von Bob Dylan, das „Tonfilm“-Album von BAP oder „Notausgang“ von Georg Danzer. – Aber „songs in the key of life“ ist auch ein Hammer!
Aja von Steely Dan (besonders Deacon Blues) und Queen, die früehen Sachen, Bohemian Rhapsody kann ich vorwärts und rückwärts singen
Also ein absolutes Muß wäre für mich Metallica denn auf einer einsamen Insel kann man das so schön laut hören;-) und keinen stört´s.
Und zum beruhigen würde ich mir auf jeden Fall Johnny Cash´s Greatest Hit´s mitnehmen.
Wobei es echt schwierig ist aus der großen Menge guter Musik nur ein paar Scheiben auszuwählen.
bei mir eddie vedder – into the wild das gesamte album sowie als evergreen cat stevens – the very best of
Das ist aber wirklich schwierig. Es gibt so viele gute Musik. Denke aber das Wolfsheim auf jeden Fall dazu gehört :-))
K&D Sessions, Kruder & Dorfmeister. Beatles, Let It Be und Abbey Road.
Das funktioniert (bei mir) nicht:
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Lieber keine einsame Insel…
Ralf
Nick Cave & The Bad Seeds – The good Son
bei mir ist es Nevermind von Nirvana insbesondere der Song „smells like teen spirit“ hat mich damals als er auskam von den Socken gehauen und seit dem nicht wieder verlassen.
Das erste was mir dazu einfällt:
Lambda – Hold on Tight im 12.32 Minuten langen Nalin & Kane Remix.
Wenns dann doch noch Platz für 2 weitere 12″ hat, dann wird das Daft Punk – Discovery 😀
Das ist echt ne schwere Entscheidung, da ich von Oldies bis zum Modernen Ghetto-Shit alles höre. Aber im Moment wäre es wohl Musik von Prodigy. Warum dürfen es nicht 10 Platten/CD’s sein? 🙂
Aktuell würde ich wohl Platten (=CDs) von In Extremo, Schandmaul und Van Canto mitnehmen. Die drei Bands bewegen mich aktuell am meisten und sorgen dafür, dass ich bei Autofahrten zu Terminen aufpassen muss, nicht heiser anzukommen.
Gruß
Hauke
Kate Bush „The Kick Inside“ gehört definitiv dazu 🙂
Die Queen-Schwesterwerke „A Night at the Opera“ & „A Day at the races“
Ohne Pink Floyd und Supertramp keine Insel 😉
Ganz klar „Fashion Nugget“ von Cake
Erklärt mich für verrückt, aber als in der pubertierenden Zeit meine Kumpels AC/DC und ZZTop hörten, hing ich wie ein Verrückter an ABBA, Boney M. und den Bee Gees. Auf die Insel kämen also nur der Saturday Night Fever Soundtrack, damit würde ich die Einsamkeit überleben 🙂
lg Peter
Eigentlich alles von Can. Besonders aber die Can „Delay 1968“.