My Grand Tour of Switzerland – eine Retrospektive
„Einen Martini der Herr… ?“ tönt eine Stimme aus der Richtung des Tresens…
„Oh, sorry ich hatte keinen bestellt.“ entgegne ich und die Antwort des Barkeepers folgt auf dem Fuß:
„Ich weiß, aber sie sehen so aus, als würden sie gleich einen bestellen.“
Ich grinse zurück und lasse eine Kunstpause: „…gern, mit Eis und Zitrone.“
Das ist es, was ich hier mag… Ich sitze in der Onyx Bar des Park Hyatt Hotels in Zürich und lasse meine Reise durch die Schweiz in einem würdigen Rahmen Revue passieren. Ich habe echt viel erlebt…
Die letzten Tage bin ich über Luzern, Bern nun auch nach Zürich gekommen und mir scheint, als hätte ich hier in den letzten zwei Wochen irgendwas hinter mir gelassen, von dem ich noch nicht ganz genau weiß was es ist. Und ich würde es der Schweiz noch nicht mal unbedingt in die Schuhe schieben. Die Ferne schärft den Blick auf die eigene Situation und sicherlich bietet dieses Land hierfür eine wundervolle Grundlage. Vielleicht ist es die Mischung aus Fleiß, Disziplin und Gelassenheit die mir hier gefällt. Vielleicht ist es diese respektvolle Selbstverständlichkeit im Umgang miteinander oder dieses ewige Suche nach Konsens. Das Land ist bunter als man annimmt. Du darfst hier Spießer und Chaot sein – dem Schweizer an sich ist das völlig egal – er hält sich da raus. Und das ist so eine Sache, die er sehr gut kann: raushalten (zu mindestens so lange wie es ihn nicht tangiert).
Er liebt es jedoch, alles bis zum Exsses zu regeln. Ja – für alles gibt es Gesetze und Bestimmungen und er fühlt sich darin sehr wohl. Es ist dieses letzte Fünkchen Sicherheit, dass ihm Ruhe gibt. Vielleicht schöpft er daraus am Ende sogar seine Kraft. Für den Schweizer scheint „wohnen“ eine tatsächliche Handlung, die er bis zum Äußersten kultiviert hat. Und mir scheint, als könne er das überall tun. Ja, ihr seid schon ein süßes Völkchen ihr Schweizer – eigen aber liebenswert.
Ich habe hier in den letzten zwei Wochen eine Menge Leute getroffen und mich mit vielen interessanten Menschen auch länger unterhalten:
Da war Christian Flütsch ein Kutscher aus Klosters, der schon Lady Di und Prinz Charles kutschiert hat…
… oder dieser äußerst sympathische Beat Däscher, in dessen Alphütte der Maler Ernst Ludwig Kirchner seine besten Bilder malte.
Ich traf Pio Nesa, einem Falkner aus Locarno, der seine Passion lebt…
Mauro Pacchioli, der singenden Restaurantleiter aus dem Hotel Giardino in Ascona. Sein Chef bezahlte ihm den Flugschein und nun hebt er mit seinen Gästen immer mal in die Lüfte ab… und schien mir der wohl glücklichste Angestellte der Welt.
Kilian Volken, der beeindruckende Bergführer aus Fiesch, der als einziger von zehn ein Lawinenunglück in Chamonix überlebt hat… Nach dem Treffen mit ihm, musste ich mich erst mal ein paar Stunden auf einen Stein setzen…
Markus Marti – der Zytgloggeturmwärter aus Bern, der jeden Morgen die 500 Jahre alte Uhr des Zeitglockenturmes aufzieht und sie pflegt und wartet.
Pascal Triponez ein Fotograf aus Bern, mit dem ich einen wunderbaren Nachmittag verbracht habe.
Die Kunsthändlerin Angela Rosengart aus Luzern, die von Picasso mehrmals porträtiert wurde (mit ihr habe ich sogar ein längeres Interview geführt welches ich hier im Blog auch noch veröffentlichen werde)
…
Ich könnte die Liste hier fortsetzen. Es waren viele kleine und große Begegnungen. Ich hatte sehr bewegende Gespräche oder eben auch nur einen netten Plausch. Und nichts und niemanden will ich davon missen. So eine Reise tut gut – sich zu erden, setzt nicht zwingend sichtbare Armut voraus, nur um die eigene Situation noch dankbarer aufzunehmen…
„Nimmt der Herr noch einen…?“ werde ich in meinen Gedanken unterbrochen
– „Danke – nein…“
Es ist spät geworden. Morgen geht es wieder nach Hause. Ich lutsche das Eis des Martinis weg. Macht man ja eigentlich nicht in einer solchen Bar. Mir egal. Der letzte Schluck gehört euch ihr Schweizer: „Viva – auf das Leben! War schön bei euch!“