…und wie zufrieden bist du nun mit der Nikon df ?
Ach, toll dass du fragst! Ich hatte sie gerade mit in Israel und konnte sie wirklich mal genau dafür einsetzen, wofür ich sie gekauft hatte: für meine Reisen. Die Nikon df ist eine Hammer-Reise-Kamera und ich bin mega-happy mit ihr! Ich weiß, im Grunde wollte ich hier ja nicht mehr soviel Technik-Gelaber hier im Blog, aber da ich fast täglich Mails mit dieser Frage kriege, erlaube mir, ein wenig auszuholen.
Was war eigentlich meine Erwartungshaltung?
Ich bin viel unterwegs. Auch im Ausland. Bisher habe ich dafür meine Nikon D800 mitgenommen. Schönes Teil! Mein „Zicklein“ mag zwar nur bestimmte Objektive – aber bitte – daran habe ich mich gewöhnt. Ich hatte sie ja im letzten Jahr in Vietnam mit und weiss wovon ich rede. Sie hat ihre Schwächen im Dunkeln und eine offene Blende ohne Stativ ist auch nicht ihr Ding – aber der Sensor: Halleluja!! In Sachen Dynamik und Auflösung gibt es nichts Vergleichbares! Schön wäre halt, wenn sich die Dynamik mit ordentliche ISO-Power kombinieren ließe und – naja – 36 MP brauche ich für meine Katalog-Kunden, aber nicht für eine Reisereportage. Etwas weniger reicht völlig aus. Und leicht sollte sie sein – ich hab ja immer so schnell „Rücken“.
Als Nikon im Herbst letzten Jahres die „Nikon df“ ankündigte und ich die ersten Filmchen sah, war ich voller Vorfreude. Und als die Kamera dann rauskam, fand ich sie – entgegen mancher Stimmen – todschick! Sie hat alles, was eine Reisekamera haben sollte, bis auf – ok sorry – eine Movie-Funktion (kann ich auch nicht nachvollziehen!). Aber ansonsten: Brachial geiler Sensor, alle Funktionen schnell und gut zugängig und vor allem leicht! Ich drehte meine Runden um die Nikon-Verkaufstheken bestellte das Ding fast unbesehen, hing sie mir um den Hals und testete sie hier bei meinen Masterclasses erst mal aus. Was ich wirklich an ihr mag- und das meine ich wirklich so – ist, dass man sie beim Fotografieren fast nicht merkt. Sie ist stiehlt keine Aufmerksamkeit. Ich muss beim Einstellen nicht permanent in irgendein Display glotzen, sondern drehe kleine Rädchen am Außenbody. Mittlerweile habe ich mich auch darauf eingeschossen, dass ich die Blende über das vordere Einstellrad und die Belichtungszeit über das hintere Einstellrad einstelle (also genau so wie bei meinen anderen Nikons) – ich bin da ein Gewohnheitstier. Das dafür vorgesehene Verschlusszeiten-Rädchen hat bei mir also keine echte Funktion.
Die ISO stelle ich am dafür vorgesehenen ISO-Rädchen ein. Es wäre zwar toll, wenn Nikon der df da auch eine „Schnellfunktion“ spendiert hätte, aber ich will nicht kleinlich sein, für die Umstellung der ISO muss ich bei allen anderen Nikons auch das Auge von der Muschel nehmen.
Der Bedienkomfort der Nikon df ist wirklich gut gelungen, ich vermisse nichts! Ich mag die kleinen schwarzen, perlmuttartigen Knöpfchen der Abblend- und Funktionstaste – die wirken sehr wertig.
Auch der Body fühlt sich für mich wertig an. Ich habe da kein „Plastikfeeling“ – weder an den Rädchen noch an der Belederung. Der Sensor ist über jede Kritik erhaben: Super lichtstark, löst gut auf und hat gefühlt den gleichen brachial-geilen Dynamik-Umfang der D800 – so wollte ich es haben. Im Grunde ist mir der Dynamik-Umfang immer wichtiger als die Auflösung. Bei dem Dynamikumfang des DF-Sensors habe in den Lichtern und in den Schatten immer noch reichlich Zeichnung – auch wenn das Vorschaubild auf dem Display etwas anderes meint. Der Dynamikumfang des Sensors in der Nikon df genau das richtige für die sonnig-harten Kontraste des Südens. Ihr könnt euch das folgende Bild gern mal als RAW ansehen (Nutzung unter CreativeCommons – frei mit Namensnennung): https://www.picdrop.de/steffenboettcher/nikon_df
Was mir bei meiner Reise durch Israel vor allem sehr positiv aufgefallen ist: sie ist super-unauffällig! Ihr erinnert euch an die Fotos von der Klagemauer? Ich weiss nicht, ob ich die Fotos mit dem deutlich sichtbaren Body der Nikon D3s so hinbekommen hätte (die D800 fällt wegen fehlender ISO Power für solche Fotos sowieso aus). Auch bei den strengen Kontrollen bei der Ein- und Ausreise oder in die Sperrgebiete, bei denen man sich mit einer „großen“ Kamera immer blöde Fragen gefallen lassen muss, für wen man arbeite und was man genau fotografieren wolle, kommt bei der Nikon DF keine weiteren Nachfragen. Ich musste beim Securitiy-Check im Flughafen nicht mal ins Sprengstoff-Kabuff zur Sonderüberprüfung – das hatte ich auch noch nie. Ich kenne solche Berichte sonst eigentlich immer nur von Leica Usern… 🙂
Wenn ihr euch dieses Bild der betenden Juden an der Klagemauer so anseht, werdet ihr wahrscheinlich kaum glauben, dass es mit 12.800 ISO geschossen wurde. Und damit kommen wir zum nächsten Punkt. Womit mich die Nikon df wirklich überzeugt, ist die ISO Power. Ich bin da ehrlich gesagt durch mein Arbeitspferd – die Nikon D3s – verwöhnt und will mich nicht limitieren lassen. Die Nikon df geht da an Limits, die vor einiger Zeit noch undenkbar waren. Gefühlsmäßig ist sie von der ISO-Power der D3s sogar überlegen und das bei 4Megapixel mehr auf dem Sensor. Eine Nachtaufnahme bei 12.800 ISO und 1/160 sieht bei der Nikon df so aus:
(das RAW findet ihr auch hier: https://www.picdrop.de/steffenboettcher/nikon_df)
Was ich persönlich auch nicht unerheblich finde: Mittlerweile gibt es für die Nikon df auch Schnittbild und Microprismen-Sucher-Fokusscheiben. Da macht das manuelle Fokussieren mit den alten Scherben im Schrank doppelt Spaß! Der AI-Mitnehmer am Bajonett der Nikon df ist ja schon ein echt nettes Gimmick! Aber in der Kombi mit einer Schnittbildscheibe im Sucher, ist das wirklich brauchbar! Für die D3s oder die D800 findet man ja nix!
Ein für mich wichtiger Punkt an der Nikon df, ist die Sensor-Größe. Ich bin Vollformatfotograf – aus diversen Gründen. Ich kann durchaus nachvollziehen, dass Landschafts-, Architektur-, und Makrofotografen kein Problem mit kleineren Sensorgrößen haben. Ich schon. Die Qualität der MFT(MicroFourThird)-Sensoren ist sehr hoch und es lohnt sich nicht, alberne Vergleiche zwischen MFT und Vollformat FX aufzustellen. Und natürlich ist das Gewicht und die Größe der kleinen Spiegellosen gerade unterwegs ein Vorteil (hier hat Nikon beim Gewicht und der Größe der Nikon df aber echt „Boden gut gemacht“). Für mich kommt aus mehreren Gründen weder ein Wechsel ins Spiegellose-Lager, noch ein Wechsel ins DX (Crop Sensor)-Lager in Frage. Fotografieren ist für mich Gefühlssache und ich habe bereits beim Sichten eines Motiven im Kopf, welche Brennweite ich einsetze. Ich habe ebenso im Kopf, was der Sensor in der Postproduction noch hergibt und welche Schärfentiefe ich bei welcher Blende und Brennweite in welchem Abstand habe. Und ich möchte das Motiv durch einen echten optischen Sucher sehen und kein zweidimensionales Bild in einem Mäusekino. Ich hatte die Sony A7 ebenso in der Hand, wie die Fuji X-Pro oder die Olympus OMD, aber die machten alle mein „Fotografie-Gefühl“ kaputt. Ich musste mich auf neue Brennweiten, Auflösungen, Perspektiven und Schärfentiefen einstellen. Und ich stellte mir die Frage: wozu? Wegen des Gewichtes? Leicht ist die Nikon df auch! Wegen der Kosten? Sorry, aber eine spiegellose „immerdabei-MFT“ ist inkl. des nötigen Objektivparkes nicht wirklich günstiger.
Wo Licht ist, ist auch Schatten. Es gibt ein paar Dinge, die ich an der Nikon df nicht verstehe. Auf die leidige Preisdisskussion lasse ich mich nicht ein. Du bekommst mit der Nikon df, einen D4 Sensor zur Hälfte des Preises. Auch der Fokus ist ausreichend schnell und zupackend. Ich habe hier keinen Grund zur Kritik. Doch da wäre die fehlende Filmfunktion. Nikon hat hier eine vorhandene Funktion (LiveView ist ja möglich) nicht nur nicht eingespart (weil ist ja theoretisch vorhanden), sondern bewusst herausgenommen (die Kosten für Lizenzgebühren können es nicht gewesen sein, die D610 (mit Moviefunktion) kostet ja nur die Hälfte). Nicht, das ich viel filmen würde, aber gerade unterwegs in fernen Ländern (und dafür wurde sie ja gebaut), wäre die Möglichkeit des Filmens wirklich schön. Was ich auch nicht verstehe, ist das Fehlen eines zweiten Kartenslots. Ich will unterwegs sicher sein, dass ich im Falle eines Kartendefektes noch ein Backup habe – besonders bei wichtigen Bildern, die ich in unwiederbringlicher Ferne gemacht habe. Das der Kartenslot auf der Unterseite – gemeinsam mit dem Akku – eingebaut wurde, finde ich nicht weiter schlimm. Eine 32GB-Karte hält länger als ein Akku und das Argument, man müsse deshalb an der Nikon df auf einen Batterigriff verzichten, ist mir auch unverständlich. Dann packt man halt eine 64GB Karte rein und gut!? (apropos Akku: Die Akkulaufzeit ist wirklich top!).
Ein letztes kleines Detail, was ich anders gelöst hätte, ist der Dioptrinausgleich am Sucher. Jedes physische Rädchen an der Kamera hat eine Verstellsperre (manchmal nervts, manchmal nicht – ist so 50/50) – BIS AUF DEN Dioptrinausgleich. Und genau der verstellt sich irgendwie gern bei mir aus unerfindlichen Gründen. Hargh! Aber das ist jetzt nichts, wofür ich sie zurückbringen würde. Was mir nicht fehlt, ist der nicht vorhandene Blitz. Hab ich noch nie gebraucht und werde ich wahrscheinlich auch nie. Das war es für mich dann aber auch schon an Kritik.
Nikon hat es geschafft, genau das zu bauen, worauf ich seit Jahren gewartet hatte. Eine echte „Immerdabei“-Kamera. Klein, leicht und leistungsstark. Nikon positioniert seine Kameras im Pro-Segment in den letzten Jahren immer „spitzer“ – also für einen bestimmten Einsatzzweck passend – was ich total mag. Ich habe einen Objektivpark und suche mir für die bestimmten Aufgaben, die jeweils passende Kamera. Ich ertappe mich in letzter Zeit jedoch immer öfter, dass ich – auch wenn die D800 oder die D3s daneben liegt und evtl passender wäre, doch immer öfter zur Nikon df greife. Hm.
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